Hof Groß-Langenbach

die Hundepension mit Herz und Verstand in Friesenhagen

 

Unser Rehkitz

 

 

Wir haben schon öfters Tierwaisen aufgezogen. Schaf- oder Ziegenlämmer, Hunde- und Katzenwelpen, Igel, einmal auch eine aus dem Nest gefallene Krähe.

 

 

Diesmal rief der Tierschutz an und fragte, ob wir ein wenige Tage altes Rehkitz aufnehmen könnten. Es war sicher, daß die Mutter überfahren worden war .

 

Ein Bambi !!!

 

Ich war begeistert, hatte allerdings keine Ahnung, was da wirklich auf mich zu kam. Eine Recherche im Internet und ein ausgedehntes Telefonat brachten Licht in das Dunkel. 

 

Eine geschützte Stelle im Ziegenstall, sauber und dick eingestreut, wurde hergerichtet. Eigentlich wurde empfohlen das Kitz die erste Zeit in einem Karton mit ins Schlafzimmer zu nehmen, aber das schien mir übertrieben und ich wollte auch die Langmut meines Mannes nicht überstrapazieren.Wichtig war Ruhe und die Sicherheit vor Füchsen. Beides bot der Ziegenstall auch. 

 

Dann wurde Juppi gebracht. Anhand des Gewichtes von 1,8kg und der vertrockneten Nabelschnur konnte man ziemlich sicher sagen, daß er 5 Tage alt war. 

 

Das bedeutete, daß er Tag und Nacht alle 2 Stunden die Flasche brauchte – und die wollte er auf gar keinen Fall! Nur tröpfchenweise konnte ich die gewärmte Ziegenmilch in ihn rein mogeln. Es war eine richtige Gradwanderung zwischen lebensnotwendiger Nahrung und dem Versuch ein Vertrauensverhältnis zu schaffen. 

 

Erst nach 3 Tagen, in denen meine Nerven zunehmend blank lagen, klappte es reibungslos. Dann mußte ich zur Arbeit. Ich hatte geglaubt ich könne meinem Mann ausreichende Fläschchen vorbereiten, er würde füttern und alles wäre gut. FALSCH GEDACHT !!!

 

Ein Rehkitz hat nur eine Mama und es akzeptiert nicht wie ein Ziegenlamm die Flasche, sondern nur die Person, die sie hält. Meinen Mann kannte Juppi aber nicht! Also kriegte er Panik und an trinken war nicht zu denken. 

 

Das konnten wir zwar durch tagelanges Üben, indem mein Mann immer dabei war, wenn ich fütterte, ändern, aber es blieb schwierig. 

 

Dann kam der Durchfall! Das Kitz hatte sich wohl schon bei der Mutter mit Kokzidien angesteckt und durch den Streß brach die Krankheit jetzt voll durch. Juppi hatte Bauchschmerzen, verweigerte jede Nahrungsaufnahme und sein Kot ging dünn wie Wasser ab. Bei einem so kleinen Tier ist das immer akut lebensbedrohlich! 

 

Nachdem ich 80km entfernt endlich einen Tierarzt aufgetan hatte, der das nötige Medikament vorrätig hatte (unnötig zu sagen, daß solche Probleme immer am Wochenende auftreten?!) und 2 Tage lang nichts anderes tat, als das Kitz zu versorgen, ging es endlich wieder bergauf. 

 

Der Kleine wurde kräftiger und war mit 7 Wochen endlich stabil genug um kastriert zu werden. Später darf man nicht mehr kastrieren, weil er sonst ein Geweih entwickelt, daß er aber nicht mehr abstoßen kann. Es würde unbegrenzt wuchern und wie eine riesige Perücke immer weiter wachsen.

 

Unkastrierte, handaufgezogene Böcke werden aber immer aggressiv. Sie halten Menschen für Artgenossen und bekämpfen sie, sobald sie die Geschlechtsreife erreichen. 

 

Es folgte also 1 Woche mit der OP und der anschließenden Wundversorgung. Erst danach kam endlich alles in ruhigere Bahnen.

 

 

 

Heute lebt Juppi zusammen mit unseren Schafen auf einer 1 ha großen Wiese an unserem Haus. Er macht zwar gelegentliche Streifzüge in den angrenzenden Wald, kommt aber immer wieder zu seinem Offenstall zurück.

 

Da der zuständige Jäger Bescheid weiß und es billigt, steht für unseren Juppi einem normalen Leben nichts mehr im Weg. Er trägt zu seiner Sicherheit eine Warnhalsung für Jagdhunde und lebt praktisch frei!

 

 

 

Es ist jetzt unglaublich idyllisch mit dem „Reh“ vor dem Wohnzimmerfenster, aber es war sicher das erste und letzte Mal, daß wir uns das angetan haben!

 

Artikel von Nicola Berg 

 

 

 

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